Freitag, 22. Juli 2011

LZ: Existiert ein „echtes“ Berlin?

Und meine letzte Kolumne über Berlin in der Landeszeitung Prag.. Zum Glück immer noch nicht Ende meines Aufenthaltes in Berlin!


Unterscheidet sich das „echte“ Berlin von dem, was man aus Erzählungen
kennt? Von dem Stereotyp? Wie stellt man sich eigentlich Berlin vor?
Verrückt gekleidete Menschen, unglaubliche Technopartys, Dönerbuden
überall, alternative Konzerte und Kunstausstellungen, wo man sich
nicht sicher sein kann, ob es noch Kunst ist? Natürlich auch die
Sehenswürdigkeiten wie der Fernsehturm, das Brandenburger Tor, die
Kuppel des Reichstags, der relativ neue Potsdamer Platz, die East Side
Gallery und vielleicht noch die Museumsinsel oder das Tacheles sind
für Berlin äußerst signifikant. Berlin kennt man als eine besonders
freie Stadt, wo jeder tun und lassen kann, was er will. Eine Stadt
voller „cooler“ Typen. Eine Party-Stadt. Eine Stadt voll von
Künstlern.


Aber stimmt es? Ja, aber die Definition ist nicht komplett. Es stimmt
sicher nicht, wenn man nur Westberlin betrachtet, sondern dieses Bild
gilt eher für Ostberlin. Trotzdem kommt gerade diese Stimmung nicht
von den "echten" Berlinern, sondern von denen, die nach Berlin
zugezogen sind. Westberlin ist wesentlich weniger alternativ. Und man
hat das Gefühl, das es voll von "Eingeborenen" ist. Westberlin ist die
gestrenge Mutter für Ostberlin, das Kind, das immer nur spielen will.


Eigentlich ist es aber nicht mehr so, dass man Berlin strikt nach Ost
und West teilen könnte - die Wahrheit ist eigentlich die, dass Berlin
ein Eintopf mit vielen Zutaten ist. Jedes Viertel hat seine eigene
Stimmung, sein eigenes Leben, seine eigenen Leute. Man kann für sich
immer genau das finden, was einem gerade am meisten gefällt. Man
findet alles, was man sich nur denken kann.. Berlin ist wie zehn oder
sogar mehr (nicht nur europäische) Städte aneinandergereiht. Man kann
tausende Definitionen von Berlin entwickeln und alle werden irgendwie
wahr sein. Oder auch keine. Und gerade das gefällt mir an Berlin.


(LZ, 14/2011)

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